Tequila

Dass Marion ausgerechnet Susanne zu ihrer Geburtstagsfeier eingeladen hat, überrascht mich. Susi hat mal für ein paar Tage auf unsere Katze aufgepasst und das erste Treffen zwischen den beiden verlief alles andere als vielversprechend. Obwohl es amüsant für mich war, zu beobachten, wie meine beste Freundin und meine Verlobte aufeinander reagierten. Das sah so aus: Wir drei saßen in der Stube unserer Drei-Zimmer-Wohnung, ich im Schneidersitz im Sessel, die beiden nebeneinander auf der Couch. Marion kannte Susi bisher nur aus meinen Erzählungen: die beste Freundin mit den lockigen braunen Haaren und dem hohen Männerverschleiß. Klar, dass eine Frau da eifersüchtig werden kann, wenn der Freund öfters vom weiblichen „besten Kumpel“ erzählt, aber Marion nahm das bis dahin mit Gelassenheit hin. Nun saßen sie beide nebeneinander und beäugten sich misstrauisch aus den Augenwinkeln. Wäre die Situation etwas entspannter gewesen, hätte ich einen lockeren Spruch loslassen können, so was wie „die zwei Frauen in meinem Leben auf einer Couch“, aber ich biss mir auf die Zunge.

Nun der zweite Annäherungsversuch bei Marions Geburtstagsparty ein halbes Jahr später. Meine Verlobte arbeitet bei einer großen Krankenversicherung und rekrutiert ihre Freunde zwangsläufig aus diesem Bereich. Wenn jemand in einer bestimmten Umgebung arbeitet, dann passt sich nach einer Weile auch der Freundeskreis der Arbeit an. Frühere Bekanntschaften aus der Schule oder der Lehre schlafen ein oder hören ganz auf. Deswegen waren überdurchschnittlich viele Arbeitskollegen von ihr anwesend, unterhielten sich im gedämpften Ton über ihre täglichen Probleme und Erfolge. Es ist nicht so, dass sie mich langweilen, dazu kenne ich diese Leute kaum, aber ganz ehrlich: Es sind keine Feuerwerkskörper unter ihnen, niemand, dem ich leuchtenden Auges zuhören kann, niemand der auch nur etwas halbwegs verrücktes tut oder sagt, niemand, der sich in irgendeiner Art und Weise abhebt. Normale Leute mit normalen Leben und - weiß Gott - manchmal beneide ich diese Art von Menschen, die sich Tag für Tag acht, neun Stunden in ein Büro setzen können, Leute mit Ratenzahlungen auf ein Auto, die alle zwei Tage ein Bier oder ein Glas Wein trinken, spätestens um halb zwölf im Bett gehen, eine Geschirrspülmaschine haben, im Volleyballverein sind, bei denen die Bettwäsche immer sauber ist, und die einmal im Jahr Urlaub in der Toskana machen... Leute die jeden Abend vierzig Minuten ihres Lebens mit „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ rumbringen. Ich spreche nicht von einem Sockel herab, denn ich kann diese elitäre Abgrenzung von Menschen, die sich für anders halten, nicht ausstehen. Es ist nur so, dass ich irgendwann gemerkt habe, dass ich in irgendeiner Art und Weise anders ticke, dass es bei mir so nicht funktioniert. Zu diesem Schluss zu kommen und es zu akzeptieren, damit zu leben, ist schmerzhafter als die meisten sich vorstellen können.

Susi stach aus dieser Masse heraus und ich war dankbar für ihre Anwesenheit, dankbar für ihre fröhliches, überschäumendes Wesen, ihr lautes Lachen und ihre leuchtend blauen Augen. Marions Freundin Katrin hatte ihre achtjährige Tochter Jessica und eine Flasche Tequila mitgebracht. Es war eine dieser Flaschen mit einem roten Pseudo-Mexikaner-Hut. Tequila ist zur Schwergewichtsklasse alkoholischer Getränke zu zählen, unvergleichbar durch seinen undefinierbaren widerlichen Geschmack, der nur durch das gleichzeitige heftige Auslutschen einer Zitronenscheibe halbwegs zu ertragen ist. Die Party geht ihren maßvollen geregelten Gang. Marion sitzt mit einem Grüppchen in der neu eingerichteten Stube: Parkettfussboden, alle Möbel aus Naturholz, Grünzeug in jeder Ecke. Manchmal komme ich mir hier richtig fehl am Platze vor, wie ein schräger Ton bei Kaufhausmusik oder wie ein Furz in der Stille eines Gottesdienstes. Gottesdienst. Was für ein seltsamer Begriff. Bei Dienst denke ich eher an Wehrdienst, Wachdienst. Dienen. Heißt Gottesdienst ein Dienst an Gott, ein Dienen für Gott, wie man dem Land dient oder einer Behörde? Ich hatte nicht vor, mich bis auf ein paar Biere übermäßig zu betrinken, aber eine lahme Party in den eigenen vier Wänden ist schwer zu ertragen, ich konnte nicht mal unter einem Vorwand das Weite suchen. Ich hatte keine Lust mich in öden Gesprächen zu verlieren, öde Plätschermusik zu hören. Die etwas lautere Musik wurde schon zu Beginn der Feier wegen Protest entfernt und es lief irgendeine Egal-Musik von einer Egal-Band knapp unter Zimmerlautstärke aus den Boxen.

Ich gehe zu Susi, die gelangweilt in der Küche herumsteht:

„Scheiß einfach drauf. Komm - wir köpfen die Tequila-Flasche.“ Gesagt, getan. Susi schneidet die Zitronenscheiben zurecht. Ich hole das Salz und Gläser. Schnapsgläser haben wir nicht im Haus, deswegen nehme ich zwei Whiskygläser aus dem Schrank und gieße zwei Fingerbreit ein.

„Kann ich auch ein Glas haben?“

Bernd, ein Arbeitskollege von Marion, steht im Küchentürrahmen. Ich freue mich: „Na klar. Komm her!“ Trinken kann alleine ganz in Ordnung sein, zu zweit prima, doch nicht zu übertreffen ist eine Gruppe von fünf, sechs guten Kumpels, die auf einer Wellenlänge liegen, ein Feuerwerk an Gedanken, Sprüchen, Witzen, Augenblicke an denen ich mich wirklich lebendig fühle und die Erinnerung an solche Ereignisse wie einen guten Wein im Keller meines Herzens lagere, um ab und zu hinunterzusteigen und einen Schluck davon zu kosten. Den linken Handrücken kurz anlecken, das Salz drüber schütten, mit der rechten Hand das Glas nehmen, prost! Und „Ein, zwei, drei!“ hinter damit, wo ist die Zitrone?, schnell reinbeißen und den Saft in die Geschmacksnerven saugen, Gesicht verziehen, fertig. Mit diesem Ritual sind wir jetzt zu dritt, obwohl ich schon nach kurzer Zeit merke, warum Bernd sich uns angeschlossen hat: Seine Augen wandern dauernd zu Susi hinüber. Susi, die mit ihrer offenen Art die Männer immer aus dem Gleichgewicht bringt. „Man kann sich leicht in dich verlieben“ hat jemand mal zu ihr gesagt und das nervt sie: „Was wollen denn die ganzen Kerle immer von mir?“ fragt sie mich manchmal und ich antworte immer: „Deine offene Art...und dann sind du auch noch ganz gut aus...“, und zucke dann mit den Schultern. Mittlerweile haben wir uns den Zweiten hinuntergewürgt und der Zug hat schon mächtig an Fahrt gewonnen. Ich gehe zu Marion in die Stube und nötige sie, einen Schluck zu trinken. Sie nippt ganz vorsichtig daran und verzieht das Gesicht:

„Buäh. Mensch, das schmeckt ja widerlich.“

„Da haste recht.“, erwidere ich, trinke das Glas leer und beiße in die mitgenommene Zitronenscheibe. Meine Marion. So richtig zusammen besoffen haben wir uns, glaube ich, nur einmal auf einer Silvesterparty eines Freundes. Ansonsten ist da irgendwas in ihr, dass das einfach nicht zulassen will. „Ich werde immer so müde“, sagt sie. Manche Leute werden depressiv, manche aggressiv, manche müde. Ich werde lustig. Lustig oder grimmig. Oder beides. Aber Hauptsache irgendetwas. Ein Horror dieser Gedanke, müde zu werden von etwas, dass einem Rausch bringen soll, das Leben an manchen Tagen mit ein bisschen Watte ausstopft, damit es etwas erträglicher ist. Ich gehe zurück in die Küche. Nach und nach verlagert sich das Hauptgeschehen auch dorthin. Parties folgen ganz bestimmten Gesetzmäßigkeiten. Der Ort, wo das meiste los ist, zieht die Leute an. Da kann der Ort eng und ungemütlich sein, besser als behagliche Langeweile ist es allemal. Mittlerweile drehen Susi und ich langsam auf, unterhalten die Gäste mit Witzen, Bemerkungen und vergangenen Erlebnissen. Regelmäßig kommen auch Einwürfe der anderen, aber das Zentrum bilden Susi und ich - und vor allem sie, die mittlerweile knallrote Wangen und leicht irr leuchtende Augen hat. Die Lok ist mittlerweile in voller Fahrt und wir kippen Treibstoff hinterher, das vierte zwei Finger Glas, Salz wird weggelassen, ich kaue auf der gesamten Zitronenscheibe herum und spucke sie in den Ausguss. Ob ich noch zwei Finger eingieße, weiß ich mittlerweile auch nicht mehr, aber wenn kümmert das, denn wie es aussieht, vertragen wir das Zeug ja wohl ohne Probleme. Ich bewege mich ins Arbeitszimmer. Dort spielt die achtjährige Tochter von Katrin mittlerweile an meinem Computer ein Flipperspiel.  Marion muss es ihr das Spiel angemacht haben. Ich setze mich auf die Couch und feuere sie an. „Jetzt! Jetzt!“, schreie ich, wenn sie die Taste drücken soll, damit die Kugel weiter im Spiel bleibt. Susi kommt hereingewankt und legt sich neben mich auf die Couch. Sie grinst mich an und macht die Augen zu. Ich streiche ihr über den Rücken:

„Na, Susi...alles klar...alles klar mit dir...“ In dem Augenblick wird mir bewusst, das ich betrunken bin und ihr gerade über den Hintern streichle. Hoppala! Ich drehe mich wieder zu Katrins Tochter und feuere sie in ihrem Flipperspiel an: „Jetzt! Und Jetzt! Ja - so ist es gut!“ Ich schlage mir auf die Schenkel vor Begeisterung. Marion steht in der Tür. Ich grinse sie an:

„Hi.“

„Was ist denn mit Susi los?“, fragt sie.

„Oach - die schläft. Die ist müde. Jaja.“ Mein Kopf nickt vor sich hin.

„Kannst du mal mit dem Hund Gassi gehen?“

„Na klar.“ Ein bisschen frische Luft wäre gar nicht schlecht. Ich gehe in die Küche und suche den Hund. Im Kühlschrank steht noch ein Bier. Ich knacke es und trinke noch einen Schluck. Ich stolpere ins Schlafzimmer. „Ich will Sex!“, fährt mir durch den Kopf, ich gehe in die Knie und schaue unter dem Bett nach. Dort liegt der Hund. Viele Menschen machen ihn nervös. Mir geht es auch so. Deswegen hat er sich unter das Bett verzogen. Das kann ich leider nicht machen.

„Komm, Butzi, komm - machen wir Gassi-Gassi.“ Er kommt unter dem Bett hervor. Ich nehme die Leine von der Garderobe und knipse sie ihm ans Halsband. Ab diesem Zeitpunkt wird es seltsam. Ich weiß nicht mehr, wie ich die Treppe heruntergekommen bin. Auf einmal bin ich auf dem Bürgersteig und ziehe den Hund hinter mir her und schnauze ihn an: „Nun komm schon! Mach nicht solange! Ich will wieder hoch. Es ist kalt.“ Nach zwanzig Meter Fußweg drehe ich wieder um und gehe zurück. Keine Ahnung, ob der Hund sein Geschäft erledigt hat, ich will wieder nach hause.

„Mensch, das ging aber schnell.“, sagt Marion.

„Jajaja.“

Ich setze mich zu Susi ins Arbeitszimmer. Sie sieht grau um die Augen aus. Ich hole mein Bier aus der Küche: „Das ganze Theater kotzt mich hier an.“ Ich lache leise: „Und ich kotze mich selber auch an.“

Susi schaut mich an.

‚Nun tu es doch einfach!’, rufe ich ihr im stillen zu: ‚Nimm mich doch mal in den Arm!’

Sie tut es nicht.

„Das hier ist nicht unsere Welt, was?“, fragt sie nur.

Ich schüttele den Kopf: „Nein.“

Pause.

„Aber ich liebe sie trotzdem weißt du. Sie macht mir essen, ich mag ihren großen Hintern, sie sieht gut aus...“

Pause.

„...ich kann nichts dafür, dass ich mich da nicht zu denen reinsetzen kann und so tun kann, als würde mich das Gelaber irgendwie interessieren. Auch wenn sie das sicher gut finden würde...“

Pause.

„...glaubst du, einer von denen hat den Drang mal zu schreien, einfach so, oder die Anlage bis zum Anschlag aufzudrehen...“

Pause

„...hat doch keinen Zweck. Unsereins betrinkt sich lieber im Stillen, ploppt sich die Rübe zu, anstatt mal etwas zu sagen...“

Jetzt legt sie mir doch den Arm um die Schultern.

„Dir fehlt wohl Liebe, was?“

„Hört man das meinem Gequatsche an?“

Sie lacht: „Ja.“

„Na, ich kann es ja heute noch mal bei ihr versuchen, mit meinem Mundgeruch. Stinken tue ich auch schon sicherlich und besoffen bin ich auch.“

Wie schauen uns an, sie ist mir ganz nah und ich sehe nur noch ihre Augen. Ich drehe mich schnell weg: „Ich hole uns was zu trinken.“

„Aber nur einen noch. Mehr vertrage ich nicht.“

Ich fülle zwei Gläser. Niemand ist mehr in der Küche. Die meisten sind schon gegangen. Nur Bernd sitzt mit Marion und Katrin noch im anderen Zimmer. Sie unterhalten sich. Marion lacht leise. Ich schaue sie an - die kurzen braunen Haare, der Nacken, die leicht gebückte Haltung wie sie auf dem Stuhl sitzt, vielleicht fünf Meter von mir entfernt. Resignation breitet sich säuerlich in meinem Magen aus. Resignation - und dann - wie in einer logischen Kette - schiebt sich die fast geleerte Flasche Tequila vor diese Empfindung. Ich nehme mir die beiden Gläser ins Arbeitszimmer, in der linken Hand zwei Scheiben Zitrone.

„Scheiß auf das Salz. Los geht’s.“

Das letzte Mal an diesem Abend. Wir kippen. Auf die Zukunft. Auf Susi. Auf Marion. Auf mich. Auf was auch immer. Ich stürze es hinunter und gehe in die Hocke. Der Ekel ist unbeschreiblich. Ich beiße in die Zitrone. Meine Lippen brennen von der Zitronensäure. Susi schaut mich glasig an...

„Ich glaube, ich muss mal aufs Klo.“ Sie verschwindet und schließt die Tür hinter sich ab. Ich gehe in die Stube. Die drei sitzen immer noch da. ‚Ich scheiß auf euch alle’, denke ich, schwanke vor mich hin, gehe wieder zurück und warte vor dem Klo. Susi kommt nicht heraus. Ich lausche an der Tür. Stille.

„Susi?“ Ich klopfe gegen die Tür. „Susi? Alles in Ordnung?“ Keine Antwort. Keine Geräusche. Nichts. Ich gehe wieder ins Arbeitszimmer. Die Tequila röhrt durch meine Venen, durch mein Blut, durch mein Fleisch. Die Lokomotive ist jetzt in voller Fahrt, der Schornstein qualmt, es gibt kein zurück mehr, wie bei „Zurück in die Zukunft III“ - der letzte Sprengsatz ist im Dampfkessel gezündet, Höchstgeschwindigkeit, der Zug ist nicht mehr aufzuhalten. Ratatatam Ratatatam Ratatatam...Ich kippe auf die Couch. Das Flipperspiel läuft weiter, Plink!, Pleng! Ratatatang!, das Mädchen flippert und lacht und flippert und redet auf mich ein. Ich höre nicht mehr hin, es geht nicht mehr, ich kann mich nicht mehr auf die Worte konzentrieren. Ich muss wieder an Susi denken.

Susi.

Ich stehe langsam auf und gehe zum Klo. Mittlerweile stehen die verbliebenen Gäste und Marion davor. Sie klopfen an die Tür. „Hallo? Aufmachen!!“

„Susi ist da drinnen“, sage ich. Sie drehen sich zu mir um. „Wie lange denn schon?“, fragt Marion. „Keine Ahnung.“, antworte ich.

Sie klopfen weiter.

„Nun lasst das doch mal. Lasst sie in Ruhe!“ Ich gehe auf die Gruppe zu, da höre ich wie der Schlüssel im Schloss herumgedreht wird. Susi kommt heraus. Sie ist weis im Gesicht und hat graue Augenringe. Sie sieht aus, als wenn sie dem Tod gerade über den Weg gelaufen wäre:

„Ich bin wohl eingeschlafen.“

„Geht es dir gut?“, frage ich.

Sie lacht zittrig: „Na ja.“

Katrin schaut sie an: „Du kannst mit mir mitfahren, wenn du willst. Ich bring dich nach Hause.“

Susi lächelt: „Das wäre nett.“

Sie umarmt Marion und dann mich:

„Wie sehen uns. Oh Mann, bin ich fertig. Danke für alles.“ Sie ziehen sich ihre Jacken über und gehen. Marion schließt die Tür. Stille. Ich drehe mich zu ihr um. Sie schaut mich mit einem leichten Lächeln in ihren graugrünen Augen an:

„Du hast ziemlich getrunken, was?“

Ich zucke mit den Schultern und ziehe mich automatisch aus. Es ist so, als wenn ich mir selber zuschauen würde: T-Shirt, Hose, Strümpfe, Unterhose. Ich schwanke ins Bett. Marion ist noch im Bad und putzt sich die Zähne. Ich höre ihre Geräusche, sie spuckt aus, Wasserrauschen, gurgeln, ausspucken, das Licht im Badezimmer geht aus. Sie kriecht zu mir ins Bett. Mein Magen beginnt langsam wirklich schlimm zu rumoren. Diesmal gibt es wohl keinen Freifahrtschein. Ich quäle mich hoch und versuche so schnell wie möglich den Weg ins Bad zurückzulegen, denn etwas steigt in mir herauf und es sind keine erhebenden Gedanken, sondern mein ganz persönliches Gemisch aus Zitronen- und Magensäure, Alkohol und gut verdautem Hühnerfrikassee. Ich muss dümmlich grinsen, als ich über den Flur stolpere. Totaler Verlust der motorischen Fähigkeiten, bemerkt eine Stimme in meinem Kopf. Sie klingt wie ein Professor bei einer Vorlesung. Schnell! Ich springe ins Bad und es kommt in einem Schwall. Dann noch mal. Für ein paar Augenblicke fühle ich mich besser. Tränen der Anstrengung sammeln sich in meinen Augenwinkeln. Kotzen ist jedes Mal so erniedrigend. Ich spüle mir den Mund aus und mache ich langsam wieder auf den Weg ins Schlafzimmer. Kurze Zeit später liege ich nackt und zusammenkrümmt im Bett, zittere und kann nicht einschlafen.

„Du bist vielleicht ein Trottel.“, kommt von Marion. Sie hat mir den Rücken zugedreht.

„Ja, da hast du vollkommen recht.“, flüstere ich: „Ich bin ein Trottel.“

Copyright © by Denny Hellbach